Coronazeit – Sonntag Miserikordias Domini – 25. April 2020

Predigt: Psalm 23

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen. Amen.

Liebe Gemeinde!

Eigentlich sollte heute in Barver die Konfirmation gefeiert werden. Acht Jugendliche hätten sich heute zum christlichen Glauben und zu ihrer Taufe bekannt. Auch dazu, dass sie in Gott einen Hirten sehen, der sie im Leben beschützt. Vielleicht ist deswegen der erste Vers des bekannten Psalms 23 heutzutage einer der populärsten Konfirmationssprüche. Den Psalm müssen die Konfis in ihrem Unterricht auch auswendig lernen. Heute hätten wir ihn gemeinsam gebetet, so wollen wir das auch jetzt tun:

Der heutige, zweite Sonntag nach Ostern trägt den Namen der Barmherzigkeit Gottes. Eines der bekannten Motive dazu ist das eines Hirten, der sich liebevoll um seine Schafe kümmert. Ein häufiges Motiv der Bibel, das veranschaulichen will, dass wir Menschen im gewissen Sinne wie Schafe sind, die einen Hirten brauchen. Gott selbst öffnet sich als der gute Hirte, der seine Herde liebt. Auch Jesus sprach von sich als dem guten Hirten, der sein Leben für die Schafe gibt. Deswegen wird dieser Sonntag auch Hirtensonntag genannt.

Der Herr ist mein Hirte,
mir wird nichts mangeln. Er weidet mich auf einer grünen Aue
und führet mich zum frischen Wasser. Er erquicket meine Seele. Er führet mich auf rechter Straße um seines Namens willen. Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich.
Du bereitest vor mir einen Tisch im Angesicht meiner Feinde.
Du salbest mein Haupt mit Öl und schenkest mir voll ein.
Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang,
und ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar.


Psalm 23

„Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln“ – ein Bekenntnis, das dem heutigen Zeitgeist eher widerspricht. Finden Sie nicht? Es ist nicht gerade cool, sich in der Rolle eines Schafes zu sehen, das von jemandem geführt und versorgt werden will. Man spricht ja sich selbst so eine gewisse Unmündigkeit zu, zeigt seine Unzulänglichkeit, sein Angewiesen sein auf andere. Und das in der Zeit, wo man eher das Selbstbewusstsein propagiert und davon spricht, dass jeder Mensch sein eigenes Potenzial entfalten und seinen eigenen Weg gehen soll: „Mache, was du liebst, und liebe, was du machst“ lautet eine populäre Devise der heutigen Zeit und meint, somit ein ideales Glücksrezept zu präsentieren. Manche sind deswegen auch der Kirche gegenüber skeptisch, weil sie denken, Kirche wolle nur bevormunden und beschränken. Eine Dame verglich die Kirche mit einer Herde hirnloser Schafe, die sich von ein paar schlauen Köpfen an der Nase herumführen lassen. So etwas mag in der langen Geschichte des Christentums oder auch jeder anderen Religion sicherlich gewesen sein. Auch die Bibel erwähnt solche Vorkommnisse. Im Buch des Propheten Jeremia z.B. wird im 23. Kapitel das Volk Israel mit einer großen Schafherde verglichen, die in die Händen schlechter Hirten geraten ist und deswegen auseinander läuft. Der Prophet kündigt auch an, dass Gott selbst einen Hirten setzen wird, der seine Herde sammeln und sie auf dem richtigen Weg führen wird. Dieser Hirte ist in Jesus Christus gekommen, und nicht in einem religiösen Anführer – das darf man nicht vergessen.

Die andere Frage: Warum Schafe? Vielleich deshalb, weil jedes Schaf nur danach schaut, wo leckeres Gras ist, und dadurch seine Herde aus dem Blick verliert. Nicht umsonst muss die Herde stets bewacht und mit Hilfe von Hunden zusammengehalten werden. Sonst laufen die Schafe auseinander und werden als einzelne der Gefahr ausgeliefert, von Wölfen gerissen zu werden.

Sind wir Menschen nicht so? Laufen wir nicht Dingen hinterher, die uns im Augenblick wichtig erscheinen oder Spaß machen? Führt das nicht dazu, dass jeder letztendlich nur an sich selbst denkt und sich danach orientiert, was ihm selbst als gut und nützlich erscheint. „Ich persönlich habe keine Angst vor Corona“ – sagt ein junger Mann im Supermerket, deshalb wolle er keine Maske tragen. Aber gerade die Maske setzt ja voraus, dass man an andere denkt, die man vor eigenen Viren schützt, die man möglicherweise bereits in sich trägt. Apropos Viren: Sie zeigen auch, wie verwundbar wir sind. Auch zeigen sie, dass wie als Gesellschaft doch klare, einheitliche Regeln und kluge Führung brauchen, gerade angesichts von Gefahren. Gibt es sie? Diese kluge Führung, die es schafft, ihr Land, ihr Volk so schmerzfrei wie möglich aus der Krise zu bringen? Ich denke, niemand kann diese Frage mit einem deutlichen „Ja“ beantworten. Was aber auf jeden Fall nötig ist, ist ein respektvoller und fürsorglicher Blick auf andere. Dies ist auch der Hauptinhalt dessen, wovon Jesus gesprochen und was er gelebt hat. In diesem Sinne will er auch unser Hirte sein, uns leiten im Licht der Liebe, uns stärken im Miteinander, uns trösten im Teilen unserer Ängste mit uns, uns bringen zur Kraftquelle in Gott durch sein Wort und sein Vorbild. Wäre die Welt nicht viel schöner und friedlicher, wenn wir mehr diesem guten Hirten Jesus Christus folgten?

Ich wünsche uns trotz der weiteren Einschränkungen einen gesegneten Sonntag!

Und Gottes Friede, der höher ist als alle Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

                                                                                                                                                Dimitri Schweitz, Pastor

Gebet

Du guter Hirte, Jesus Christus!

Wir sind gefangen in unserer Sorge. Du siehst unsere Verunsicherung, unsere Ängste.
Schau auf die Menschen, die keinen Ausweg sehen – in Krankenhäusern, auf der Flucht, im Krieg, in zerbrochenen Familien oder kaputten Beziehungen. Schau auf die Menschen, die kein Zuhause haben, wo sie Schutz finden.


Du guter Hirte, suchst du sie? Steh ihnen bei und trage sie auf deinen Schultern. Und gib uns allen einen respektvollen Blick aufeinander. Dass wir gerade in Situationen der Not mehr aneinander denken und deinem guten Vorbild folgen.


Wir bitten dich für die Opfer der Pandemie und um Trost für ihre Angehörige! Wir bitten dich für alle, die im Kampf gegen das Virus an vorderster Front sind! Wir bitten dich für alle, die Führungspositionen bekleiden! Erbarme dich heute und alle Tage.

Begleite uns alle durch diese Zeit und erhalte uns trotz all dem Schweren in österlicher Freude!

Amen.